Ein deutsches Unternehmen, das in Polen tätig ist, kann zu einem polnischen Steuerzahler werden und zur Entrichtung der Einkommensteuer in Polen verpflichtet sein, wenn es in Polen über eine ausländische Betriebsstätte tätig ist. Ausländische Betriebsstätte stehen für:
a) eine feste Geschäftseinrichtung,
b) eine Baustelle, Bau, Montage oder ein Installation,
c) eine Person, die im Namen und zugunsten eines Rechtsträgers mit dem Wohnsitz in einem Staat in einem anderen Staat handelt, wenn diese Person eine Vollmacht zum Abschluss von Verträgen im Namen dieses Rechtsträgers hat und von dieser Vollmacht tatsächlich Gebrauch macht,
es sei denn, ein von der Republik Polen abgeschlossenes Doppelbesteuerungsabkommen besagt etwas anderes.
Die oben genannten Definitionen aus dem polnischen Steuergesetz stehen im Prinzip im Einklang mit den Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens. Nach diesem Abkommen ist eine „Betriebsstätte ” eine feste Geschäftseinrichtung, durch die eine Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird und umfasst insbesondere: (a) einen Ort der Leitung, (b) eine Zweigniederlassung, (c) eine Geschäftsstelle, (d) eine Fabrikationsstätte, (e) eine Werkstätte und (f) ein Bergwerk, ein Öl- oder Gasvorkommen, einen Steinbruch oder eine andere Stätte der Ausbeutung natürlicher Ressourcen.
Darüber hinaus kann eine steuerliche Betriebsstätte durch die Tätigkeit eines abhängigen Vertreters entstehen. Das ist die Person, die für ein Unternehmen tätig ist und in einem Vertragsstaat die Vollmacht zum Abschluss von Verträgen im Namen des Unternehmens besitzt und übt diese Vollmacht dort gewöhnlich aus.
Einige Beispiele aus der polnischen Steuerrechtsprechung für feste Geschäftseinrichtungen und abhängige Vertreter finden Sie unten. Diese beiden Begriffe werfen in der Praxis die meisten Zweifel auf.
Feste Geschäftseinrichtung
Im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine, in dessen Folge viele Selbständige aus der Ukraine nach Polen gezogen sind, verfolgen die Gerichte einen eher liberalen Ansatz bei der Beschreibung einer festen Geschäftseinrichtung. Sie gehen davon aus, dass ein Unternehmen unterHoheitsgebiet der Republik Polen steht, wenn nachgewiesen werden kann, dass eine dauerhafte Einrichtung (wie Räumlichkeiten und unter bestimmten Umständen Maschinen und Geräte) vorhanden ist. Bei einer solchen Betriebsstätte handelt es sich nicht um ein Hotelzimmer oder eine Mietwohnung. Eine feste Geschäftseinrichtung wird auch nicht durch den Besitz eines Laptops oder anderer Arbeitsmittel eines Programmierers nachgewiesen. So entschied das Verwaltungsgericht in Breslau in seinem Urteil vom 10. Oktober 2023, Az. I SA/Wr 261/23.
In einem anderen Urteil vom 23. Juni 2021, Az. II FSK 3758/18, vertrat das Oberste Verwaltungsgericht jedoch die Auffassung, dass die Tätigkeit der Mitarbeiter des finnischen Unternehmens bei der Abnahme von Arbeiten bei der Installation großer mechanischer Ausrüstungen (Brückenkräne), die von einem externen Unternehmen aus Polen ausgeführt wurden, reicht für die Annahme einer Betriebsstätte aus.
Wenn ein ausländischer Unternehmer keine Gewinne im polnischen Hoheitsgebiet im Zusammenhang mit Tätigkeiten erzielt, die durch eine in Polen gelegene Betriebsstätte ausgeübt werden, entsteht auch keine steuerliche Betriebsstätte. In einem anderen Urteil wurde ein Fall einer gemeinnützigen Organisation mit Sitz in Deutschland analysiert, die geplant hat, Filmproduktionen in Polen durchzuführen. Die Steuerbehörde vertritt die Auffassung, dass die Organisation keine Geschäftstätigkeit in Polen ausüben würde und somit es keine ausländische Betriebsstätte gäbe.
Ein anderes Thema ist der Fall der Fernarbeiter. Ein Büro in einem Wohnhaus kann zu einer Betriebsstätte führen, wenn der Arbeitnehmer dort systematisch und kontinuierlich die mit seiner Beschäftigung verbundenen Tätigkeiten ausübt. Dies erfordert jedoch immer eine individuelle Betrachtung. Der Umfang von Tätigkeiten eines solchen Arbeitnehmers und seine Fähigkeiten die Gewinne zu erzielen sollten berücksichtigt werden. Die Tätigkeit eines Programmierers, der in seiner eigenen Wohnung Software entwickelt, wird in den meisten Fällen nicht zur steuerlichen Betriebsstätte führen.
Abhängiger Vertreter
Ein abhängiger Vertreter braucht in dem Land, in dem er für das Unternehmen tätig ist, weder einen Wohnsitz noch eine feste Geschäftseinrichtung zu haben oder eine Betriebsstätte zu unterhalten. In einem solchen Fall wird es, auch wenn das Unternehmen in einem anderen Staat keine Betriebsstätte hat, davon ausgegangen, dass er dort eine Betriebsstätte hat, es sei denn, die Tätigkeiten dieser Person beschränen sich auf eine Vorbereitungs- oder Hilfstätigkeiten .
In einem Urteil wurde entschieden, dass die Tätigkeit eines Mitarbeiters eines deutschen Unternehmens, der aktiv an der Suche nach potenziellen Kunden in Polen und am Abschluss von Verträgen mit Kunden gemäß den Richtlinien des Unternehmens beteiligt ist, die Tätigkeit eines abhängigen Vertreters darstellt und somit als eine Gründung einer Betriebsstätte anzusehen ist. Die Tatsache, dass die Verträge formell durch das Unternehmen abgeschlossen werden, sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Der abhängige Vertreter kann auch ein anderer Unternehmer sein, der Dienstleistungen für das ausländische Unternehmen erbringt.
dr hab. Marcin Gorazda , Geschäftsführender Partner, Rechtsanwaltin der Kanzlei Gorazda, Świstuń, Wątroba und Partnern Rechtsanwälte und Rechtsberater.